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global cross pollination

How little do users read

User lesen lediglich 28% der Worte während eines durschnittlichen Besuches auf einer durchschnittlichen Webpage. Vermutlich sogar gar nur 20%.

Wir alle wissen, dass die Benutzer des Internet nicht viel lesen. Das Text-Scanning ist ein sehr verbreitetes Verhalten unter den gebildeteren Usern; die letzten Eyetracking Studien von Jakob Nielsen bestätigen dies noch weiter.

Das einzige was noch fehlte, war eine mathematische Formel um genau herauszufinden, wieviel die Leute unter welchen Umständen on-line lesen. Jetzt, dank der neuen Daten von Jakob Nielsen, gibt es auch diese.

Die Studie

Für die kompletten Details können Sie folgendes Dokument konsultieren.
Harald Weinreich, Hartmut Obendorf, Eelco Herder, and Matthias Mayer: „Not Quite the Average: An Empirical Study of Web Use,“ in the ACM Transactions on the Web, vol. 2, no. 1 (February 2008), article #5.

Die Autoren haben 25 Browser für diese Studie ausgestattet, um Informationen über das Verhalten der User während ihrer täglichen Websitzungen informiert zu werden. Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass die Benutzer nichts spezielles tun mussten – es wurde ihr komplett natürliches Verhalten studiert.

Ein Problemfaktor der Studie war, dass die User überdurchschnittlich gebildet waren. Einige von Ihnen waren Beschäftigte der Universität. Aber auf lange Sicht gesehen sollte das auch keine Probleme bereiten. Wenn man zum Beispiel die für das Seminar Fundamental Guidelines for Web Usability gesammelten Daten von 2008 mit einer Studie von 2004 vergleicht, findet man heraus, dass das durchschnittliche Verhalten aus dem Jahre 2008 dem der fortgeschritteneren Benutzer aus dem Jahr 2004 nahe kommt. Deswegen, auch wenn Weinreich und seine Kollegen High-End-User ausgewählt haben, kann man deren Verhalten als das Verhalten des durchnittlichen Users in naher Zukunft interpretieren.

Wie auch immer – die Studie hat äußerst interessante Ergebnisse hervorgebracht und verdient daher, komplett gelesen zu werden.

Neben einer Vielzahl anderer Dinge haben die Autoren zum Beispiel herausgefunden, dass der Back button nur noch das drittbeliebteste Feature im Web ist. Der Klick auf Hyperlinks bleibt der am meisten benützte aber die Klicks von auf Webseiten platzierten Buttons hat den Zurück-Button überholt und ist damit zum zweitwichtigsten Element vorgerückt. Das Motiv dafür ist in der Verbreitung von Applikationen und featurereichen Webseiten zu finden, bei denen man, um ihre Funktionalitäten zu nützen, häufig auf Buttons klicken muss. Natürlich ist der Back button noch immer unabkömmlich für die User und wird nach wie vor so häufig benutzt, dass er weiterhin eine sehr starke Usability-Guideline bleibt. (Das Eliminieren des Backbutton war der Designfehler Nr. 1 im Jahr 1999 und bleibt bis heute einer der am weitest verbreiten Fehler.

Das Lese-Verhalten
Harald Weinreich hat Nielsen ein Dataset mit 59,573 page views geliefert.

Nielsen hat folgende davon eliminiert:

  • 10,163 page views (17%) die weniger als weniger als 4 Sekunden gedauert haben. In so kurzen Besuchen kann man nicht sagen, dass der Benutzer die Seite wirklich „verwendet“ hat.
  • 2,615 page views (4%) mit länger als 10 Minuten. In diesen Fällen haben die User vermutlich den Browser offen gelassen während sie zu einer anderen Tätigkeit übergangen sind.
  • 1,558 page views (3%) auf Seiten mit weniger als 20 Worten. Diese Seiten waren vermutlich Fehlermeldungen der Server oder abgebrochene Downloads usw.

Nach diesem „Aussortieren“ blieben Niesen noch 45,237 Page Views für seine Analyse.

Nielsen war bereits in der Lage äußerst interessante Formeln für das Verhalten von Usern auf Webseiten mit 30 bis 1.250 Wörtern zu liefern. Bei längeren Seiten hingegen wurde das Verhalten sehr instabil. Seiten mit sehr vielen Wörtern sind in der Regel keine „richtigen“ Seiten sondern meist akademische Dokumente oder Seiten mit „Nutzungsbedienungen“, die nicht sehr aufmerksam gelesen werden. (In einer Untersuchung für das Buch Prioritizing Web Usability hat man herausgefunden, dass User nur 10% des Textes lesen, den sie am Ende mit Klick auf eine Checkbox „akzeptieren“.)
Die nachfolgende Grafik zeigt die durchschnittliche Zeit, die User auf Webseiten mit einer unterschiedlichen Anzahl von Wörtern verbringen:

Natürlich verbringen die User mehr Zeit auf Seiten mit mehr Informationen. Aber die Best-Fit-Formel sagt, dass die Benutzer nur 4.4 Sekunden länger für alle 100 zusätzliche Wörter auf der Webseite verbleiben. In Regel geht man von einer Lesegeschwindigkeit von 200 Wörtern in der Minute (WPM) aus, aber da die Benutzer alle über dem Durchschnitt angesiedelt waren, hat Nielsen gar 250 WPM angewendet. Mit dieser Geschwindigkeit können die Benutzer 18 Wörter in 4.4 Sekunden lesen. Im Klartext bedeutet dies: User lesen nur noch 18% wenn man die Quantität der Wörter auf der Webpage anhebt.

Anteil der mit Lesen zugebrachten Zeit

Es handelte sich bei dieser Studie nicht um eine Eyetracking-Studie. Aus diesem Grunde weiß man nicht, wie die User Ihre Zeit vor dem Bildschirm verbracht haben. Die Formel der vorhergehenden Grafik zeigt an, dass man von einer fixen Zeit von ca. 25 Sekunden plus weiteren 4.4 Sekunden für alle weiteren 100 Wörter ausgehen kann. (Natürlich sind diese Zahlen Durchschnittswerte)

Die Formel zeigt an, dass die Leser einen Teil der Zeit dazu aufwenden, das Layout der Webseite und die Navigation zu verstehen und um Bilder anzusehen. Es ist natürlich, dass die Besucher nicht jede Sekunde während des Webseitenbesuches lesend verbringen.

Wie auch immer – die Gesamtzeit, die auf der Webseite verbracht wird ist definitv das obere Limit der möglichen Lesezeiten. Man kann daraus also eine hypothetische maximale Anzahl von Wörtern kalkulieren, die der User in der Lage wäre zu lesen wenn er seine komplette Besuchszeit dem Lesen widmen würde.

Der nachstehende Chart zeigt den maximalen Text, den der User während seines Besuches auf Webseiten mit unterschiedlicher Anzahl von Wörtern lesen könnte:

Diese Kurve dekliniert sehr schnell. Während eines durchschnittlichen Besuches lesen die User lediglich auf Seiten von bis zu 111 Wörtern wenigstens die Hälfte der Informationen..

Die durchschnittliche Anzahl von Wörtern im gesamten Dataset lag bei 593. So gesehen hat der User die Zeit um durchschnittlich 28% der Wörter zu lesen – immer wenn er seine gesamte Besuchszeit lesend verbringt. Es ist realistischer davon auszugehen, dass der Benutzer lediglich 20% des Textes einer durchschnittlichen Webseite liest.

Dieser Artikel hat in etwa 1,082 Wörter.

Wir können also davon ausgehen, dass der durchschnittliche Besucher nicht viel von diesem Artikel lesen wird. Jedoch Nielsen wie auch ibloom hat ein ausgewähltes Elite-Publikum, das sich für das Thema Usability interessiert. Sollten Sie jedoch ein breiteres Publikum ansprechen müssen oder einen Verkaufszyklus von weniger als 5 Jahren haben – seien Sie klug und setzen Sie Ihren Word-Count auf Diät.

Original-Artikel von Jakob Nielsen – How little do users read

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